Ein temperamentvoller Arbeiter mit eigenem Kopf







Man sagt, ein „Aussie“ kennt seinen Besitzer oft besser als er sich selbst. Seine ausgeprägte Menschenbezogenheit und sein „will to please“ machen ihn zum idealen Gefährten für aktive Besitzer. Er ist ein lernbegieriges Energiebündel, das aber auch manchmal seinen eigenen Kopf durchsetzen möchte – ein Hütehund eben, der es nicht scheut, Verantwortung zu übernehmen. Wird er körperlich und geistig gefordert, so ist der intelligente Temperamentsbolzen in seinem Element.
Trotz seines Namens kommt der „Aussie“ ursprünglich nicht aus „Down-Under“, sondern aus Nordamerika. Die genaue Herkunft seiner Vorfahren ist nicht bekannt. Vermutet wird, dass baskische Einwanderer die Hunde im 19. Jahrhundert zur Zeit des großen Goldrausches gemeinsam mit ihren Merino-Schafen – den „Australian Sheep“ – aus Australien mit nach Amerika gebracht hatten. Es dauerte nicht lange, bis sich der gelehrige und ausdauernde Hütehund bei den Farmern und Cowboys des Mittelwestens einen Namen gemacht hatte und sie mit der gezielten Zucht begannen. Bald war der „Aussie“ auch der Star bei Rodeo- und Westernshows und nicht mehr aus dem Cowboy-Alltag wegzudenken.
Allerdings dauerte es bis 1957, bis in Arizona der „Australian Shepherd Club of America (ASCA)“ gegründet und das erste Zuchtregister eröffnet wurde. 20 Jahre später folgte ein einheitlicher Rassestandard in Amerika. Erst 1996 wurde der Australian Shepherd von der FCI als eigenständige Hunderasse anerkannt.
In Europa verbreiteten sich die „Aussies“ erst seit den 1970er Jahren. Seither wurden sie aber immer beliebter, und heute sind sie in ihren abwechslungsreichen Farbvariationen nicht mehr aus unserem Straßenbild wegzudenken.
Am Körperbau des „Aussie“ erkennt man immer noch den ausdauernden Hüte- und Arbeitshund. Sein Körper ist kräftig und muskulös, aber ohne gedrungen zu wirken. Seine Bewegungen sind geschmeidig und leicht, seine Proportionen ausgeglichen und harmonisch. Bei der Zucht wurde seit jeher der Eleganz der Vorzug gegeben vor der reinen Größe. Damit ist der Australian Shepherd auch heute noch ein mittelgroßer, aber relativ leichter Hund, dessen Geschicklichkeit ihn zum Meister in vielen Hundesportarten macht.
Das Fell des Australian Shepherd ist mittellang, glatt bis leicht gewellt mit dichtem Unterhaar und damit wetterbeständig. Nur am Kopf und teils an den Beinen ist das Haar kurz und glatt. Die Beliebtheit des „Aussie“ erklärt sich unter anderem durch seine variantenreichen Fellfarben. Die vier Grundfarben (schwarz, rot, marmoriertes Schwarz mit grauer Grundfarbe, marmoriertes Rot/Braun mit hellroter/beiger Grundfarbe) kombinieren mit weißen oder kupferfarbenen Abzeichen zu 16 verschiedenen Farbvarianten. Die Bereiche um Augen und Ohren sind überwiegend andersfarbig als weiß und verleihen dem „Aussie“ seine besondere optische Charakteristik.
So vielfältig wie die Fellfarben sind auch seine Augenfarben: blau, braun, bernsteinfarben und jede Kombination daraus, auch mit Flecken und Marmorierung, sind im Rassestandard erlaubt.
Charakteristisch für manche „Aussies“ ist die angeborene kurze Stummelrute, auch genannt „natural bobtail“.
Couchpotatoes unter den Hundebesitzern sollten um einen „Aussie“ einen weiten Bogen machen. Sein unbändiges Temperament, seine Intelligenz und seine famose Lernwilligkeit wollen beschäftigt werden. Mit Spazierengehen alleine kann man einen Australian Shepherd nicht auslasten. Umso besser eignet er sich für jede Form anspruchsvollen Hundesports (z.B. Agility, Breitensport, Flyball,…), der ihn körperlich und mental fordern kann. Er ist schnell, wendig und trittsicher und damit auch für anspruchsvolle Aufgaben geeignet.
Deshalb – und auch wegen seiner Intelligenz und Gelehrigkeit – wird er als Rettungshund, Suchhund und Behindertenhund eingesetzt. Jeder neuen Aufgabe widmet sich der „Aussie“ mit Konsequenz und Hingabe, verlangt das aber auch von seinem Besitzer.
Seine Fähigkeit, schnell zu lernen, macht ihn nicht unbedingt leichter erziehbar. Auch unerwünschte Verhaltensweisen erlernt er schnell. Sein starker und eigenständiger Charakter eines Hütehundes erfordern liebevolle Konsequenz in der Erziehung. Schwächen erkennt der „Aussie“ sofort und nutzt sie in seinem Sinne. Trotzdem ist er ein sehr menschenbezogener Hund mit stark ausgeprägtem „desire to please“. Er ist ein guter Beobachter, der seinem Besitzer gefallen möchte und eignet sich sehr gut als Familienhund, sofern er entsprechend ausgelastet und gefordert wird. Er liebt es, am Familiengeschehen teilzuhaben und seinen Platz im „Rudel“ einzunehmen.
Seine starken Instinkte als Hütehund hat der Australian Shepherd nicht abgelegt. Er möchte seine Herde zusammenhalten, bewachen und beschützen. Gegenüber Fremden kann er sich reserviert zeigen. Seine Intelligenz und Beobachtungsgabe lassen ihn aber schnell auftauen und zu seiner angeborenen Freundlichkeit und Offenheit zurückkehren.
In der Pflege ist der Australian Shepherd nicht besonders anspruchsvoll. In der Regel reicht es, sein zweilagiges wasserfestes Fellkleid wöchentlich gründlich zu bürsten. Nur während des Fellwechsels empfiehlt es sich, alle paar Tage die tote Unterwolle zu entfernen.
Regelmäßige Krallen-, Ohren- und Zahnpflege erhalten den „Aussie“ gesund und gepflegt.
Generell ist der „Aussie“ ein robuster und gesunder Hund. Leider hat seine Beliebtheit aber auch unseriöse Züchter auf den Plan gerufen, die mit dem Vermehren des Australian Shepherd das schnelle Geld machen möchten. Das hat zu einer Zunahme rassetypischer Erbkrankheiten geführt. Dazu zählen Gelenksprobleme, wie Hüft- und Ellenbogengelenksdysplasie, verschiedene Augenerkrankungen wie z.b. Grauer Star, Epilepsie, Gebissfehlstellungen, multiple Arzneimittelüberempfindlichkeit (MDR1-Defekt) und einige weitere Erkrankungen.
Umso wichtiger ist es, sich vor der Anschaffung eines „Aussie“ genau über rassetypische Krankheiten zu informieren und einen kompetenten und seriösen Züchter auszuwählen. Hände weg von papierlosen Welpen aus unkontrollierten Zuchtlinien!